ProBIRD

Ziel dieses Projektes war es, mögliche Kollisionsrisiken von Zugvögeln an Offshore Windparks abzuschätzen. Weiterhin wurden Modelle entwickelt, um das Risiko von Vogelkollisionen vorherzusagen. Aus diesen Modellen wurden Kriterien erarbeitet, die als mögliche Grundlagen für Eingriffsminderungen und ­-vermeidungen dienen könnten.

Konflikt zwischen Naturschutz und dem Ausbau der Offshore-Windkraft


Auf ihrem Weg von den Brutgebieten in die Überwinterungsgebiete und zurück überquert jedes Jahr eine große Anzahl Zugvögel die Gewässer der deutschen Nord- und Ostsee. Der größte Teil dieser Vögel, vor allem Singvögel, zieht während der Nacht. Kollisionen von Vögeln mit Windenergieanlagen gelten häufig als ein wesentlicher Konflikt zwischen Naturschutz und dem Ausbau der Windparks in der deutschen Allgemeinen Wirtschaftszone (AWZ). Bisher gibt es jedoch nur wenige Informationen über zeitliche und räumliche Zugmuster im Offshore-Bereich. Auch ist unklar, in welchem Umfang ziehende Vögel mit Offshore-Windenergieanlagen kollidieren.

Projektziele

  • Beschreibung des Vogelzugs in der AWZ der Deutschen Nord- und Ostsee insbesondere hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Variation und des Bestehens von Gradienten (z. B. Entfernung zur Küste)
  • Modellierung der Vogelzug-Intensität und der Flughöhe in Abhängigkeit von Wetterparametern
  • Entwicklung eines Vorhersagemodells des Vogelzugs auf Rotorenhöhen auf Grundlage von Wetterparametern
  • Abschätzung des kumulativen Vogelschlagrisikos an Offshore-Windenergieanlagen
  • Erarbeitung von Kriterien, die die Grundlage zur Entwicklung bzw. Einleitung von Verminderungs- bzw. Vermeidungsmaßnahmen des Vogelschlags bilden können

Methoden

In der vorliegenden Studie konnten erstmals die Daten aus den Begleituntersuchungen der Windkraft-Projekte in Nord- und Ostsee zusammengefasst und projektübergreifend ausgewertet werden. Dies betraf die Datenerhebungen von 13 verschiedenen Standorten in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) über einen Zeitraum von neun Jahren.

  • Zur Bestimmung der Flughöhe und der Zugintensität wurden Radarerfassungen ausgewertet. Mit Hilfe der Radargeräte wurde der Vogelzug bis in 1.000 m Höhe aufgezeichnet. Ein Nachteil dieser Methoden ist jedoch die fehlende Möglichkeit einer Artbestimmung der erfassten Vögel.
  • Die Zugrufe ausgewählter Arten aus 13 Windparks wurden ausgewertet. Viele Vogelarten geben spezifische Rufe während des Zuges von sich. Die Anzahl der Rufe ist nicht unbedingt proportional zur Anzahl der Vögel. Die Auswertung der Zugrufe ist aber die einzige verfügbare Methode, um für einzelne Arten Informationen über nächtliches Zugverhalten zu erhalten.
  • Zusätzlich wurden Wetterdaten mit einbezogen, um die Abhängigkeit des Vogelzugs vom Wetter zu untersuchen.

Ergebnisse

Die Gesamtzahl der Flugbewegungen von Vögeln, die jährlich während der Zugzeiten in Frühjahr und Herbst die Windparks der deutschen AWZ queren, wurde anhand der Radardaten auf knapp 100 Millionen geschätzt, wovon etwa 24 Millionen auf die Rotorhöhe entfielen. Trotz eines großen Unsicherheitsbereichs zeigt diese Schätzung, dass in den Windparks der AWZ mit Flugbewegungen in achtstelliger Größenordnung gerechnet werden muss.

Die Ergebnisse zeigen unter anderem auch die hohe Wetterabhängigkeit des Vogelzugs. Die Windverhältnisse, insbesondere Rückenwind, waren die meteorologischen Faktoren mit dem größten Einfluss auf die Zug- und Rufintensität. Die Zugintensität nahm mit zunehmendem Rückenwind deutlich zu, wobei die Vögel im Herbst in höherem Maße moderaten Gegenwind akzeptierten. Hohe Rufaktivität von Zugvögeln wurde aber nicht nur bei günstigen Zugbedingungen, sondern auch bei widrigen Wetterverhältnissen (z. B. Regen, schlechte Sicht) festgestellt.

Der kumulative Vogelschlag von Nachtziehern an Windturbinen in der deutschen AWZ (Ausbaustand 2020) wurde anhand von Modellen auf 8.000 – 35.000 pro Jahr geschätzt. Im Verhältnis zur geschätzten Gesamtzahl der die Nord- und Ostsee querenden Nachtzieher entspricht dies etwa 0,03 % (Nordsee) bzw. 0,002 % (Ostsee) der Individuen pro Jahr. Dies ist jedoch als grober Schätzwert anzusehen, da sowohl die Gesamtzahl der nachts ziehenden Vögel als auch die modellierte Anzahl von Kollisionen mit einer großen Unsicherheit behaftet sind.

Weitere Informationen zum Projekt und die ausführliche Darstellung und Diskussion der Ergebnisse sind in den unten eingestellten Berichten enthalten.

Publikationen


Welcker, J. & Vilela, R. (2020)

Prognose des regionalen und lokalen Vogelzugs und des kumulativen Vogelschlagrisikos an Offshore-Windenergieanlagen. Endbericht.

BioConsult SH, Husum

Welcker, J. (2019)

Patterns of nocturnal bird migration in the German North and Baltic Seas. Technical report.

BioConsult SH, Husum, 61 pp

Welcker, J. & Vilela, R. (2018)

Analysis of bird flight calls from the German North and Baltic Seas. Final Report – June 2018

BioConsult SH, Husum

Welcker, J. & Vilela, R. (2019)

Weather-dependence of nocturnal bird migration and cumulative collision risk at offshore wind farms in the German North and Baltic Seas. Technical report.

BioConsult SH, Husum

Weitere Informationen


  • Auftraggeber

    Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

  • Gefördert durch

    Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

  • Laufzeit

    bis Ende 2019

  • Förderkennzeichen

    FKZ UM15 86 2000

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